Survival-Tagebuch 2004 - 5. Der Regen kommt

Survival Schrägdach
Schutz in Form eines Unterschlupfs ist das wichtigste

Der zweite Tag meiner Tour. Es stehen der Bau meines Unterschlupfes und die Bewältigung der psychischen Belastung im Vordergrund.

 

Das Essen ist knapp, die Nächte sind kalt. Und dann kommt auch noch eine Grundsatzentscheidung auf mich zu!

 

Hier geht es zu der Übersicht zur Artikelserie Survival-Tagebuch 2004.

Der Regen kommt 

Es war Tag 2. Ich erinnere mich noch gut an den Morgen und die aufkommende Gewissheit, dass ich eine harte Zeit vor mir haben würde. Die Nacht war wirklich kalt, schließlich hatte ich nur ein Mooslager, ein halbes Dach überm Kopf und keine schützenden Seitenwände. Ich bin mit einer verschnupften Nase und Halskratzen aufgewacht. 

 

Rückblickend war die Anfangszeit wirklich die intensivste. In den ersten drei Tagen sind so viele Aufgaben auf mich zugekommen, dass ich zeitweise eindeutig überfordert war. Ich musste mich im neuen Gelände orientieren, einen Unterschlupf finden, Wasser und Nahrung beschaffen und mich mit meiner Einsamkeit auseinandersetzen. Letzteres war in den Anfangstagen am schlimmsten! Ich erinnere mich an einen Mittag, es muss am zweiten oder dritten Tag gewesen sein, da saß ich auf einem Stein und habe nur geheult. Ich war nicht mehr in der Lage weiterzuarbeiten und habe mich schließlich für eine Stunde weinend ins Heidelbeerkraut gelegt. Anschließend habe ich mir eine handvoll Blau- und Krähenbeeren gegönnt, mich irgendwie aufgerafft und weitergemacht. Ich glaube es war der Zucker der Beeren der mich wieder auf die Beine gebracht hat. Denn wenn der Körper an seine Reserven geht, dann hat er schlechte Laune :-)

 

Das Feuer hatte ich schon am ersten Tag in Gang gebracht, da war auch noch alles trocken. Mit meinem Feuerstahl und etwas Birkenrinde schuf ich schnell einen wärmenden Gefährten. Gleichzeitig aber auch eine weitere Aufgabe, denn ein Feuer will gepflegt werden und lädt zum Vertrödeln von kostbaren Stunden ein.

 

 

Aus meinem Tagebuch:

"Freitag: 13.8.2004 Tag 2

Guten Morgen! Naja, jedenfalls ist er besser als die Nacht in der ich zwar anfangs gut geschlafen, zum Morgen hin aber erbärmlich gefroren habe.  Ich war schon Holz holen und habe mein Bett gemacht ( Moos aufgeschüttelt ). Es macht sich ein leichtes Hungergefühl bemerkbar. Jetzt bin ich gerade dabei meine Socken und Stiefel zu trocknen um auf Beerensuche zu gehen. Nach meinem Zeitgefühl ist es jetzt Mittag. Die Sonne steht jedoch noch im Osten."

 

Dann kam eine Grundsatzentscheidung auf mich zu, über die ich mir vorher keine Gedanken gemacht hatte: In den Ruinen der alten Rentierhirtenhütte hatte ich Werkzeug (z.B. ein Sägeblatt und einen Spaten) einen Topf und sogar einen Brocken Salz entdeckt! Verwenden oder nicht? Die große Frage! Heute denke ich: Solange man sich in einer gestellten Überlebenssituation gegen die Verwendung von aufgefundenem Material entscheidet (z.B. Müll den man auf einer Tour findet), bewegt man sich noch nicht an seiner Leistungsgrenze. Ich war damals, zumindest subjektiv, an der Grenze meiner Leistungsfähigkeit angelangt und habe mir am Mittag den Topf geholt. Eine gute Entscheidung.

 

Zwar hatte ich theoretische Kenntnisse über die Herstellung eines Topfes, wirklich einen geschnitzt oder gebrannt hatte ich aber noch nie, geschweige denn in einem "gekocht". Das war wieder eine Nachlässigkeit in meiner Tourvorbereitung gewesen und ohne die gefundenen Sachen, hätte ich das bitter ausbaden dürfen!

 

Ich hatte am Morgen des zweiten Tages etwa 1,5 Stunden damit zugebracht aus einem Birkenstämmchen einen Topf bzw. eine Schale zu brennen und zu schnitzen. Dazu habe ich immer wieder Glut auf eine Stelle gelegt und später das Verkohlte herausgekratzt. Das war mühselig und der Topf hätte wohl keine 200ml Flüssigkeit gefasst. Die Entscheidung den Topf zu nehmen hat mir somit viele Unannehmlichkeiten und hohen Zeitaufwand erspart.

 

 

Aus meinem Tagebuch:

"Ich war vorhin bei der Lappenkote, 1km westlich von hier, die auch der Treffpunkt mit Sebastian seien wird. Dort ist in der Hütte einiges an Werkzeugen, wie Spaten, Sägeblatt, Töpfe usw. Alles verrostet aber noch funktionstüchtig. Ich habe mir einen kleinen, uralten Teekessel geholt, weil ich mich krank fühle. Jetzt trinke ich viel Tee. Eigentlich ist das ja gegen meine selbst erfundenen Spielregeln. Allerdings habe ich ihn ja nicht mitgenommen, sondern gefunden. Und es war ein "Notfall". Ich habe ihn Petra getauft. Petra kocht mir gerade einen Krähenbeerentee.

 

Es ist so unglaublich hart hier zu sein. Wildes, unzugängliches Gelände. Geröllhalden. Man sieht wenig Tiere. Überall Bäche und Tümpel. Und keine Menschen. Das alleine sein setz mir zurzeit am meisten zu. Ich vermisse die Menschen so sehr. Vor allem die die mir etwas bedeuten, die ich liebe. Ich hätte gedacht, dass ich mit der Einsamkeit gut zurechtkommen würde. Vielleicht ist es ja auch doch nicht so
schlimm. Vielleicht ist es auch nur in den ersten Tagen so schlimm. Da gibt es so unglaublich viele Aufgaben zu bewältigen. Ich kann kaum schreiben so angestrengt sind meine Hände. 


Den Rest des Tages habe ich z.B. mit Beerensammeln verbracht (1 Topf) der dann später als Eintopf mein Abendessen wurde. Ich habe an meiner Hütte weitergebaut. Sie ist jetzt sehr niedrig und das Dach ist so weit fertig, dass ich bei Regen nicht nass werde. 

 

 

Ich hab’ vorhin einen Lemming gesehen und ihn mit ein paar halbherzigen Steinwürfen gejagt aber nicht erwischt. "

Schon am zweiten Tag habe ich angefangen Gegenständen in meinem Umfeld Namen zu geben. Ich habe mir also ein soziales Umfeld aufgebaut. Am Anfang fand ich es einfach lustig, später habe ich gemerkt, dass es mir Halt gegeben hat. Das Vergeben von Namen habe ich über die ganzen zwei Wochen beibehalten, sodass ich schließlich eine richtige Familie um mich herum hatte. Steine, Hütte, Bäume, der Topf, mein Messer. Alle hatten sie Namen von mir nahestehenden Menschen bekommen.

 

 

 

Am Abend hatte ich mein Schrägdach weitgehend aufgebaut und das war auch gut so! Denn es zogen Regenwolken auf und aus der bedrohlichen Wolkenfront sind auch schon bald die ersten Tropfen gefallen. Ich bin vollkommen erledigt in mein Lager gekrochen und habe versucht zu schlafen.

Die Fortsetzung der Artikelserie findest du hier: 

Survival-Tagebuch 2004 - 6. Einzug in die Hobbithöhle

 

Hier geht es zu der Übersicht zur Artikelserie Survival-Tagebuch 2004.

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