Survival-Tagebuch 2004 - 4. STOP-Regel beachten und Unterschlupf bauen

Das Tagebuch meiner Survivaltour
Das Tagebuch meiner Survivaltour


Die ersten Stunden und Tage sind beim Survival besonders spannend und stellen die Weichen für Erfolg oder Niederlage. STOP-Regel und 3er-Regel helfen bei der Entscheidungsfindung.


Am ersten Tag meines Survival-Aufenthaltes stand ich vor einem Berg aus Aufgaben: Orientieren, Unterschlupf bauen, Wasser finden, Nahrung suchen und Einsamkeit bewältigen.



STOP Survivalregel und Unterschlupf 

Wir sind sehr früh aufgestanden, damit ich genügend Zeit für die anstehenden Aufgaben haben würde. Für den Fall, dass meine Unternehmung scheitern sollte, habe einen Notfallrucksack gepackt und diesen in einem wasserdichten Sack in einem Weidengestrüpp in der Nähe deponiert.


In dem Rucksack befanden sich: Ein Einmannzelt, eine Isomatte, ein Schlafsack, ein Gaskocher mit Kochgeschirr, ein Mobiltelefon ohne Empfang, etwas Erstehilfematerial und eine Notration an Essen. Den Rest meiner Ausrüstung hat Sebastian wieder mitgenommen.


Es folgte ein schneller Abschied und ich sah Sebastians Rucksack zwischen den Birkenstämmen verschwinden. Stille.

Birken mit Heidekraut im schwedischen Fjell
Der Bauplatz für mein Survival Shelter

Von der S.T.O.P. - Survivalregel und der 3er-Survivalregel hatte ich damals noch nichts gehört. Ich habe trotzdem intuitiv richtig gehandelt:


Sit down - Hinsetzen

Komm erstmal da wo du gerade bist zur Ruhe.

Ich habe erstmal innegehalten, mich auf einen Stein gesetzt und die Situation auf mich wirken lassen. Der Treffpunkt für meine Abholung war die verfallene Hütte. In ihrer Nähe habe ich mein Notfallequipment versteckt.


Think - Denken

Das Gehirn ist beim Survival das wichtigste Werkzeug. Denken ist die einzige Fähigkeit, die den Menschen in Überlebensfragen überlegen macht. Also denke!

Ich habe versucht meine Situation zu durchdenken und keine Handlungen ohne eine bestimmte Absicht zu unternehmen. Dabei habe ich mir auch gesagt, dass ich das hier freiwillig mache und jederzeit abbrechen kann.


Observe - Beobachten

Beobachte was dich umgibt, welche Risiken und welche Ressourcen gibt es in deinem Umfeld.

Ein wichtiger Punkt. Ich befand mich an meinem späteren Rettungspunkt, 8 Stunden von der nächsten Straße entfernt auf etwa 700 Meter über dem Meer. Die Baumgrenze war nah, es gab viele Birken für Feuerholz und einen Bach in der Nähe. Ich war gesund und satt, mir war warm genug und meine Kleidung war trocken. Anscheinend alles gut soweit.


Plan - Einen Plan schmieden

Mach keinen Schritt den du nicht vorher in Ruhe durchdacht und geplant hast.

Ich entschloss mich dazu, an die Baumgrenzen zu gehen und dort mein Lager aufzuschlagen. Dort gab es essbare Beeren und ich hatte eine tolle Aussicht ins Tal.


Rückblickend habe ich hier einen Fehler gemacht. Denn je Höher ich aufgestiegen bin, desto kälter waren die Nächte, Brennholz und Baumaterial wurden knapper und das Nahrungsangebot abgespeckter. Der Weg zu den üppigen Wäldern im Tal wurde länger. Dafür bin ich in der Nähe meines Rettungspunktes geblieben. Außerdem gab es in höheren Lagen weniger Stechmücken.



Aus meinem Tagebuch:

Donnerstag: 12.8.1004 Tag 1

Nach dem Frühstück haben wir einige Fotos gemacht. Und dann ist Sebastian, den ich in letzter Zeit so schätzen gelernt habe, nach einem kurzen und fast schmerzlosen Abschiedshandschlag gegangen. 


Es ist Abend. Hinter mir brennt ein Feuerchen. Ich sitze in der Kabla, knapp unterhalb der Baumgrenze. Ich fühle mich schlecht. Vor allem seelisch. Wir sind gestern früh losgelaufen, praktisch querfeldein in die Kabla. Das Gelände ist absolut wild. Heute ist Sebastian ziemlich bald gegangen. Ich habe meine Sachen zusammengepackt und bin auf Lagerplatzsuche gegangen. Ich habe eine einigermaßen gute Stelle gefunden und hab’ mit meiner Hütte angefangen. Allerdings musste ich bald feststellen dass ich mir zu viel vorgenommen und sie zu groß gemacht hatte.
Jetzt hab’ ich nur eine Matte aus Moos und einen Haufen Stangen. Gegessen hab’ ich heut’ nur ein paar Beeren. Einen kleinen Vorrat hab’ ich aber schon! Ich werde jetzt ins „Bett“ gehen.


Bushcraftmesser beim Baum fällen.
Mein Messer, ein Kukri. Ein Arbeitstier.

1 Kilometer vom Rettungspunkt entfernt suchte ich mir eine Stelle zwischen einigen Birken aus. Da war schon eine Art Schlafmulde am Boden, die wollte ich nutzen. Ich muss gestehen, dass ich damals kaum Erfahrung im Bau eines Unterschlupfes hatte und auf die Aufgabe nicht vorbereitet war. Außerdem habe ich sie nicht ernst genug genommen, denn ich habe einige Stunden mit Beerensammeln verschwendet.


Ich habe viel zu kompliziert gebaut: 4 Stützpfeiler die ein Schrägdach aus Birkenrindenschindeln tragen sollten.

Am späten Nachmittag habe ich angefangen mein Schlafmaterial zu suchen: Viel Moos, Laub und trockene Flechten. Es wurde ein richtiges Hamsternest!

Aus Zeit- und Kraftmangel habe ich die Nacht ohne Dach verbracht und hatte Glück dass es nicht geregnet hat. Sonst wäre mir nur eine kauernde Schlafposition unter meinem Regencape geblieben.

Aus meinem Tagebucheintrag ist zu erkennen, wie hoch die Anforderungen an mich waren. Ich hatte mir vorgenommen viel zu schreiben und alles zu dokumentieren. Am Abend hat es noch für ein paar Sätze gereicht. Die Einsamkeit und die Sorge vor den nächsten Tagen haben mich früh in mein Schlafnest getrieben. Aber ich erinnere mich noch an ein Gefühl von Freiheit und Selbstbestimmtheit und gleichzeitigem Respekt vor der Natur und ihren Herausforderungen.

Die Fortsetzung der Artikelserie findest du hier:

Survival-Tagebuch 2004 - 5. Der Regen kommt

 

Hier geht es zu der Übersicht zur Artikelserie:

Survival-Tagebuch 2004

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